Die Forderungen von Prostituierten und der Vermögensbegriff des § 263 StGB

Wie der Bundesgerichtshof unlängst entschied, gehören auch die als Gegenleistung für die Erbringung sexueller Handlungen vereinbarten Forderungen zum strafrechtlichen geschützten Vermögen im Sinne des § 263 StGB (BGH, Urteil v. 01.02.2016, 1 StR 435/15, zitiert nach www.bundesgerichtshof.de).

 

In dem zu entscheidenden Fall hatte der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts u.a. einer Domina einen ungedeckten Scheck im Gegenzug für die Erbringung verschiedener sexueller Dienste überreicht. Der Angeklagte wusste dabei dass der Scheck nicht gedeckt ist. Dies sah der Bundesgerichtshof als Betrug an.

 

Wie bereits an anderer Stelle ausführlicher dargestellt, besteht ein Betrug im Sinne des § 263 StGB aus vier objektiven und zwei subjektiven Voraussetzungen. Nur zum besseren Verständnis werden sie im Folgenden nochmals aufgezählt:

  • Täuschung über Tatsachen (z.B. die Absicht eine empfangene Leistung zu bezahlen)
  • Erregung eines Irrtums (z.B. Irrtum darüber, dass das Gegenüber (vollständig) zahlen will und wird)
  • Vermögensverfügung (jedes das Vermögen mindernde Verhalten)
  • Vermögensschaden (Minderung des Vermögens)

Auf der subjektiven Tatseite ist weiterhin erforderlich, dass der Täter mit Vorsatz also stark vereinfacht wissentlich und willentlich handelt und eine Bereicherungsabsicht hat.

 

Diese Voraussetzungen liegen bei der derartigen Fallkonstellationen regelmäßig vor. Der Jurist spricht insoweit von einem sogenannten "Eingehungsbetrug".

 

Interessant ist allerdings die Frage, ob auch die Ansprüche von Prostituierten aus Vereinbarungen über die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen vom Vermögensbegriff des § 263 StGB umfasst sind. Der erste Strafsenat bejaht dies und schließt sich insoweit der Rechtsprechung des dritten Senats (BGH, Beschluss v. 18.01.2011, 3 StR 467/10) an. Zwar würden die Rechtsgeschäfte zur Erbringung von sexuellen Dienstleistungen noch immer als Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) angesehen, allerdings begründe die Regelung des § 1 Prostitutionsgesetz insoweit eine Ausnahme. Dieser bestimmt, dass mit Erbringung der Dienstleistung eine rechtswirksame Forderung entsteht. Daraus schließt der Bundesgerichtshof, dass auch den sexuellen Leistungen ein wirtschaftlicher Wert beizumessen sei, der auch betrugsstrafrechtlich Berücksichtigung finden müsse (BGH, Urteil v. 02.02.2016, aaO, Rn. 23). Dementsprechend entstehe, wenn der Freier entsprechend eines vor Eingehen des Geschäft gefassten Entschlusses nicht zahlt, ein Vermögensschaden.

 

Das Urteil mag nicht besonders praxisrelevant sein, veranschaulicht aber Probleme des Vermögensbegriffes sowie des Vermögensschadens. Studierende und Referendare müssen sich darauf einstellen, dass derartige Konstellationen Gegenstand juristischer Prüfungen sein werden.

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