BGH hält die Verlesung von polizeilichen Observationsberichten für zulässig

Der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat sich mit seinem Beschluss vom 8.03.2016 (3 StR 484/15, zitiert nach www.bundesgerichtshof.de) zu der Frage postioniert, ob polizeiliche Observationsberichte in einer mündlichen Hauptverhandlung verlesen werden dürfen.

 

Hintergrund des Problems ist die Regelung des § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO. Dieser erlaubt die Verlesung von "Protokollen sowie in einer Urkunde enthaltenden Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben." In Frage steht nunmehr, ob auch polizeiliche Observationsberichte unter diesen Begriff fallen. Das Landgericht Berlin (Beschluss vom 19. Februar 2014 – (533) 254 Js 33/13 KLs (33/13), 533 KLs 33/13, 533 - 33/13 –, zitiert nach juris) hatte dies bereits verneint. Anders als Teile der Literatur (z.B. Velten in: SK-StPO, 4. Aufl. 2012, § 256, Rn. 33; Lickleder/Sturm, "Ist für das Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 StPO ein Gerichtsbeschluss erforderlich ?" in: HRRS Februar 2012, Seite 74 ff.) hielt das Gericht den Hinweis auf eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht für zutreffend, da dieser -tatsächlich- eine andere Gesetzeslage zugrunde lag.

 

Dem ist zwar zuzugeben, dass bis 2004 nach § 256 StPO nur Zeugnisse und Gutachten verlesen werden konnten und die Grundlage für die Einordnung damit eine andere war, allerdings lässt sich die -auch von mir vertretene- Ansicht Lickleders und Sturms so verstehen, dass polizeiliche Observationsberichte eher vernehmungsersetzend sind und deshalb wegen § 256 Abs. 1 Nr. 5 2. Halbsatz StPO nicht verlesen werden dürfen. Dieser Ansatz ist zutreffend. Polizeiliche Observationsberichte sind im Ergebnis nicht anderes als Beobachtungsprotokolle. Sie geben die Beobachtungen des observierenden Beamten wieder. Demnach sind sie mit einer Zeugenaussage dieses Beamten gleich zu setzen. Protokolle, die eine Vernehmung zum Gegenstand haben, sind aber explizit von der Verlesung ausgenommen.

 

Nichtsdestotrotz sieht der Bundesgerichtshof es mit vertretbaren Argumenten anders, so dass man sich auf diesen Umstand bei Verteidigung in der Hauptverhandlung einstellen sollte.

 

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