Ist der (unerlaubte) Besitz von Betäubungsmitteln Vermögen ? - Eine kurze Auseinandersetzung mit dem Beschluss des 2. Strafsenats (2 StR 335/15)

Nachdem ich mich in den letzten Wochen vermehrt mit Strafrechts-Politik beschäftigt habe, folgt ein klassisches juristisches Thema. Wie bereits im Beitrag zur strafrechtlichen Bewertung der Forderungen von Prostituierten, geht es um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen rechtswidrige oder sittenwidrige Forderungen, Verbindlichkeiten oder Gegenstände vom strafrechtlichen Vermögensbegriff erfasst werden.

 

Hierzu hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshof einen sogenannten Anfragebeschluss (BGH 2 StR 335/15 - Beschluss vom 1. Juni 2016, zitiert nach HRR Strafrecht, hier abrufbar) gefasst, in dem auch die Entwicklung der Rechtsprechung zu dieser Frage in pädagogisch wertvoller Art und Weise dargestellt wird.

 

Der 2. Strafsenat ist der Auffassung, dass die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten richtet und somit nicht unter den Tatbestand der Erpressung fallen kann. Strafrechtlich geschütztes Vermögen kann nicht außerhalb oder gar im Widerspruch zum Recht bestehen. Deshalb sei der (strafbare) Besitz von Betäubungsmitteln nicht als Vermögen zu qualifizieren.

 

Begründet wird diese Auffassung zutreffend damit, dass Besitz nur dann dem Vermögen zuzuordnen ist, wenn dieser auf ein Recht zum Besitz beruht. Ein solches ist aus verschiedenen Gründen und auch bei der Einnahme unterschiedlicher Perspektiven nicht gegeben. Betäubungsmittel können -ohne Ausnahmegenehmigung- schon wegen § 134 BGB i.V.m. § 29 BtmG nicht wirksam übertragen werden. Ebenso haben Betäubungsmittel dann keinen Wert. Sie sind nach der derzeitigen Rechtsordnung so gut wie nie verkehrsfähig, so dass ihnen zwar auf dem Schwarzmarkt ein gewisser Wert beigemessen wird, der aber innerhalb der Rechtsordnung nicht existiert. So erkennt auch das Zivilrecht jemanden der seinen Besitz an Betäubungsmitteln durch ein Vermögensdelikt verliert keinen Schadensersatzanspruch zu.

 

Ab Randnummer 4 gibt der Senat außerdem eine Lektion Rechtsgeschichte, indem er die Entwicklung der Rechtsprechung zum strafrechtlichen Vermögensbegriff vom Reichsgericht an darstellt. Die Lektüre diese Abschnitts empfiehlt sich somit insbesondere Studierenden und Referendaren.

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