Die unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln - unterschätzte Gefahren

Wie bereits an verschiedenen anderen Stellen (siehe nur hier) ausgeführt, treffen den Arzt -wie auch andere Heilberufler- umfangreiche Aufsichts-, Handlungs- und Prüfpflichten.

 

Dies führt zum wiederholten Mal auch eine Entscheidung des Amtsgerichts München vor Augen (Urteil v. 13.10.2016 -1122 Ls 362 Js 117814/14, zitiert nach jurion.de). Das Amtsgericht hat einen Allgemeinmediziner zu einer nicht unerheblichen Geldstrafe verurteilt, da er einem Patienten mehrfach -und nach den Feststellungen des Gerichts auch ohne dass medizinisch erforderlich gewesen wäre- Fentanylpflaster verabreicht hat. Der Patient verstarb Monate nach der Abgabe des letzten Fentanylpflasters an einer Überdosis Fentanyl.

 

Die Entscheidung gibt Anlass sich einmal mit den Voraussetzungen und Grenzen der Verschreibung von Betäubungsmitteln auseinanderzusetzen. Zunächst zu den Rechtsgrundlagen.

 

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 a) und b) BtmG macht sich strafbar, "wer entgegen § 13 Abs. 1 BtmG Betäubungsmittel a) verschreibt oder b) verabreicht oder zum unmittelbaren Gebrauch überläßt,..."

 

Der § 13 Abs. 1 BtmG zieht die Grenzen einer Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln. Dieser lautet:

"Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden."

 

Verschreibungsbefugt sind nur die in § 13 Abs. 1 BtmG aufgezählten Personengruppen. Ärzte sind nur solche im Sinne des § 2 BÄO. Hilfskräfte dürfen dementsprechend keinesfalls Betäubungsmittel verschreiben. Diese dürfen jedoch -nach konkreter ärztlicher Weisung- Betäubungsmittel abgeben oder verabreichen (Bundestags-Drs. 8/3551, S. 32).

 

Zu beachten ist auch, dass nur solche Betäubungsmittel verschrieben werden dürfen, die in der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt, also verkehrs- und verschreibungsfähig sind. Die in Anlage I und II des BtmG aufgeführten Stoffe und Zubereitungen dürfen nicht verschrieben werden. So findet sich beispielsweise Heroin in Anlage I. Es ist bereits nicht verkehrsfähig. Methamphetamin findet sich in Anlage II und ist dementsprechend verkehrs- aber nicht verschreibungsfähig. Cannabis findet sich beispielsweise -unter verschiedenen Einschräkungen- in allen der drei Anlagen. Verschreibungsfähig ist Cannabis jedoch "nur in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind" (Wortlaut Anlage III BtmG).

 

Besondere Beachtung verdienen auch die weiteren Einschränkungen der Verschreibungs- und Abgabebefugnis. Neben den formellen Voraussetzungen ist erforderlich, dass die Anwendung des Betäubungsmittels an Mensch oder Tier begründet ist. Dies wird durch § 13 Abs. 1 Satz 2 BtmG noch weiter eingeschränkt, da es an einer begründeten Abgabe oder Verschreibung schon dann fehlt, wenn "der beabsichtigte Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann". Darüber hinaus macht auch die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtmVV) konkrete Vorgaben über die Art und Weise (z.B. Höchstmengen pro Patient und Betäubungsmittel) der Verschreibung und Abgabe und erlegt dem Verschreibenden oder Abgebenden Dokumentationpflichten auf. Ein Verstoß gegen diese Verordnung kann unter den Voraussetzungen des § 16 BtmVV für sich genommen bereits eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 BtmG begründen.

 

In jedem Fall dürfen Betäubungsmittel nur zum Zwecke der Heilung und Schmerzlinderung verschrieben oder abgegeben werden. Selbst wenn die Verschreibung zu diesen Zwecken erfolgt, ist zu prüfen ob nicht das Ziel auch über andere Behandlungsmethoden erreicht werden kann (BGH, Urteil vom 02. Februar 2012 – 3 StR 321/11 –, zitiert nach juris, dort Rn. 15).


Besonders häufig zu Strafverfahren führt dabei die sogenannte Substitutionstherapie, also die Behandlung Opiatabhängiger mit Ersatzstoffen.

 

Besonders gravierend und nicht so selten wie man meinen würde, sind Fälle in denen der Patient aufgrund einer fehlerhaften Verschreibung oder Kontrolle an den Folgen des Betäubungsmittelkonsums verstirbt (siehe nur: AG München, oben). In diesen Fällen ist unter Umständen auch eine Strafbakreit wegen fahrlässiger Tötung zu denken (BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – 1 StR 494/13 –, BGHSt 59, 150-172).

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