Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt wurde sehr schnell eine Person festgenommen. Später erhärteten sich Zweifel an dem Tatverdacht und der Betroffene wurde freigelassen.
In diesem Fall sind -glücklicherweise- keine Details zur Identität des fälschlicherweise Beschuldigten bekannt geworden, so dass eine Stigmatisierung nicht zu befürchten ist. In vielen anderen Fällen werden schon zu Beginn des Ermittlungsverfahrens Personalien der festgenommenen Verdächtigen veröffentlicht und diese damit auch bei einer Einstellung des Verfahrens für ihr gesamtes weiteres Leben geschädigt. Dennoch kann auch nicht immer mit der erforderlichen Zurückhaltung agiert werden. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass der tatsächliche Täter flüchten oder Beweise vernichten könnte. Gefragt ist eine vorsichtige und genaue Abwägung zwischen den Interessen der Strafverfolgung und den Rechten des Verdächtigen. Insoweit kann auf meine Ausführungen zur Untersuchungshaft verwiesen werden.
Doch auf welche Grundlage stützt sich die vorläufige Festnahme? Wie ist der Ablauf und welche Rechte haben Betroffene?
Rechtsgrundlage für die vorläufige Festnahme ist der § 127 StPO. Danach kann jedermann eine Person die "auf frischer Tat betroffen oder verfolgt" ist, vorläufig festnehmen. Weiter ist notwendig, dass diese Person "der Flucht verdächtig" ist oder/und ihre Identität nicht sofort festgestellt werden kann.
Demnach ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch dem "Zivilisten" das Festhalten einer Person gestattet.
"Auf frischer Tat betroffen" ist, wer bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat und unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird (Meyer-Goßner, StPO, 56. Auflage,
§ 127, Rn. 5). Nach der Rechtsprechung liegt diese Voraussetzung jedenfalls dann vor, "wenn in einer Zusammenschau aller im Tatzeitpunkt vorliegenden erkennbaren äußeren Umstände ein hoher Verdachtsgrad dafür besteht, dass vom Festgenommenen eine – wenn auch im Einzelnen
nicht näher bekannte – Straftat begangen wurde" (so z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 08. Mai 2015 – I-9 U 103/14 –, zitiert nach juris, dort Rn.
17). Herumstehen in einer dunklen Gasse o.Ä. wird regelmäßig nicht für einen derartigen hohen Verdachtsgrad, der an dem des dringenden Tatverdacht anzulehnen ist (OLG Celle,
Urteil vom 26. November 2014 – 32 Ss 176/14 –, zitiert nach juris, dort Rn. 12) ausreichen.
Darüber hinaus sollte man sich auch vergegenwärtigen, dass ein Betroffener -sollten die Festnahmevoraussetzungen nicht vorliegen- sich im Rahmen der Notwehr dieser Festnahme widersetzen kann (so auch: OLG Celle, aaO, Rn. 14 für Fälle in denen nur ein leichter Verdacht vorliegt). Allein deshalb und weil mit der Festnahme tatsächlich Verdächtiger auch immer eine Gefahr einhergeht, sollte man die Festnahme dem darin geschulten Personal überlassen.
Nimmt die Polizei oder die Staatsanwaltschaft die Festnahme vor, gilt zusätzlich zu dem bereits Ausgeführten die Regelung des § 127 Abs. 4 StPO. Dieser verweist auf Regelungen aus dem Recht der Untersuchungshaft (§§ 114a bis 114c StPO) und statuiert im Wesentlichen Belehrungs- und Hinweispflichten der Behörden sowie Rechte des Festgenommenen.
Demnach sind dem Festgenommenen der Grund seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mitzuteilen (§ 114a StPO). Des Weiteren ist der Festgenommene unverzüglich und schriftlich über seine Rechte zu belehren. So lautet § 114b StPO:
"In der Belehrung nach Absatz 1 ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass er
- unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Gericht vorzuführen ist, das ihn zu vernehmen und über seine weitere Inhaftierung zu entscheiden hat,
- das Recht hat, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen,
- zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann,
- jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann, 4. a) in den Fällen des § 140 Absatz 1 und 2 die Bestellung eines Verteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und 3 beanspruchen kann,
- das Recht hat, die Untersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin seiner Wahl zu verlangen,
- einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens benachrichtigen kann, soweit der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird,
- nach Maßgabe des § 147 Absatz 7 beantragen kann, Auskünfte und Abschriften aus den Akten zu erhalten, soweit er keinen Verteidiger hat, und
- bei Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nach Vorführung vor den zuständigen Richter
- eine Beschwerde gegen den Haftbefehl einlegen oder eine Haftprüfung (§ 117 Absatz 1 und 2) und eine mündliche Verhandlung (§ 118 Absatz 1 und 2) beantragen kann,
- bei Unstatthaftigkeit der Beschwerde eine gerichtliche Entscheidung nach § 119 Absatz 5 beantragen kann und
- gegen behördliche Entscheidungen und Maßnahmen im Untersuchungshaftvollzug eine gerichtliche Entscheidung nach § 119a Absatz 1 beantragen kann."
Nach erfolgter Belehrung und wenn der Festgenommene sich nicht zur Sache äußern will (wozu in jedem Fall zu raten ist) ist er dem Richter am Amtsgericht in dessen Bezirk er festgenommen wurde, vorzuführen (§ 128 StPO). Dieser entscheidet nach einer Vernehmung des Festgenommenen ob dieser freizulassen ist oder ob auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder in Ausnahmefällen von Amts wegen ein Haft- oder Unterbringungsbefehl erlassen wird.
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Spencer Mclane (Donnerstag, 02 Februar 2017 20:27)
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