Die Nichtzahlung von SoKa-Beiträgen - Ohne wirksame Allgemeinverbindlicherklärung auch keine Strafbarkeit

Mit Beschluss vom 8. Juni 2017 (1 StR 514/16) hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes zu der Frage Stellung genommen wie sich die, vom Bundesarbeitsgericht am 21.09.2016 -10 ABR 33/15- festgestellte Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe strafrechtlich auswirkt:

 

„Das Landgericht stützt die Verurteilung des Angeklagten wegen Betrugs darauf, dass der Angeklagte es unterlassen hat, für die scheinselbständigen Maschinisten im Zeitraum von Mai 2007 bis Januar 2012 eine Meldung und Beitragsabführung an die Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe (Soka-Bau) vorzunehmen, obwohl er als Geschäftsführer für die L.GmbH, für die J. GmbH & Co. KG sowie für die St. GmbH Asphalt und Mischwerk auf Grund von § 6 des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe in den jeweiligen Fassungen für die Jahre 2007 bis 2012, die jeweils für allgemein verbindlich erklärt worden waren, dazu verpflichtet war.“

 

Da jedoch das Bundesarbeitsgericht mit dem oben zitierten Beschluss die Allgemeinverbindlicherklärungen für unwirksam befunden hat und eine anderweitige Tarifbindung des Angeklagten nicht feststellbar war, wurde das Urteil insoweit aufgehoben.

 

Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber mit dem 25. Mai 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (SokaSiG, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 29, ausgegeben zu Bonn am 24. Mai 2017, S. 1219, hier abrufbar) „rückwirkend ab dem 1. Januar 2006 die Rechtsnormen der hier maßgeblichen und in Bezug auf die Allgemeinverbindlicherklärung vom Bundesarbeitsgericht für unwirksam erklärten Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe wieder kraft Gesetzes für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer in seinem Geltungsbereich für wirksam erklärt hat“, führt nicht zu einer, eine Strafbarkeit begründenden Pflicht zur Abführung von derartigen Beiträgen.

 

Begründet wird dies -zu Recht- mit dem Umstand, dass bei der Annahme von Handlungspflichten im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB schon wegen Art. 103 Abs. 2 GG eine rückwirkende Begründung ausgeschlossen ist.

 

Abschließend gibt der Bundesgerichtshof einen Ausblick, wie in Fällen in denen die Soka-Beiträge vorsätzlich nicht gezahlt wurden, zu entscheiden sein wird. Hierzu führt der 1. Strafsenat aus:

 

„Sollte der neue Tatrichter nicht zu dem Ergebnis kommen, dass für den Angeklagten zu allen relevanten Tatzeiträumen eine Verpflichtung zur Beitragszahlung an die Zusatzversorgungskasse der Baugewerbes (Soka-Bau) bestand, der Angeklagte aber subjektiv von einer solchen Zahlungspflicht ausgegangen sein, läge kein untauglicher Versuch, sondern nur ein strafloses Wahndelikt vor (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 1986 - 4 StR 400/86, NStZ 1986, 550); denn der Angeklagte hätte dann lediglich irrig angenommen, er verletze durch die Nichtzahlung der Beiträge an die Sozialkasse des Baugewerbes ein Strafgesetz, obwohl eine solche Verpflichtung dazu nicht bestand.“

 

Die Entscheidung positioniert sich –wie erwartet- dahingehend, dass eine Strafbarkeit wegen Betruges hinsichtlich der Nichtanmeldung und Nichtzahlung von Soka-Beiträgen zumindest für Zeiträume entfällt, in denen keine wirksame Allgemeinverbindlicherklärung besteht. Das Soka-SiG ändert daran nichts. Ausnahmen bestehen jedoch für tarifgebundene Unternehmen, da die Soka-Pflicht hier nicht von einer Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages abhängt.

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