Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Mindestlohnunterschreitung - doppelte Strafe?

Spätestens seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, im Bereich tariflicher Mindestlöhne auch schon vorher, ist die bußgeldbewährte Mindestlohnunterschreitung gem. §§ 8, 23 Abs. Nr. 1 AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz) ein allgegenwärtiges Problem für Arbeitgeber.

 

Besonders heikel ist, dass wenn der Mindestlohn unterschritten wird, regelmäßig auch zu geringe Sozialabgaben geleistet werden. Hierin liegt ebenfalls ein Vorenthalten von Arbeitnehmerentgelten im Sinne des § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Dabei handelt es sich um eine Straftat, die mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft wird. Da also durch die Unterschreitung eines Mindestlohns sowohl eine Ordnungswidrigkeit als auch eine Straftat begangen wird, stellt sich die Frage, wie diese Taten zueinander stehen und ob der Arbeitgeber ggf. doppelt bestraft werden kann.

 

Im Grundsatz tritt mit rechtskräftiger Beendigung eines Strafverfahrens der sogenannte Strafklageverbrauch ein. Das bedeutet, dass wegen des gleichen Sachverhalts nicht noch einmal bestraft werden kann (Doppelbestrafungsverbot, Art. 103 Abs. 3 GG). Dies gilt grundsätzlich auch in Bezug auf eine Ordnungswidrigkeit (Die voraussetzend: OLG Köln, Beschluss vom 21. Februar 2017 – III-1 RBs 361/16 –, zitiert nach juris). Der Bundesgerichtshof ist jedoch der Ansicht, dass Anknüpfungspunkt des § 266a StGB die Nichtzahlung von Sozialabgaben für den Arbeitnehmer sei und die Mindestlohnunterschreitung hingegen auf die Nichtzahlung des Lohns abstellt (BGH, Beschluss vom 15. März 2012 – 5 StR 288/11 –, BGHSt 57, 175-183, hier zitiert nach juris, dort Rn. 19ff.). Demnach lägen zwei unterschiedliche Handlungen vor, die selbstständig nebeneinander stehen. Im Ergebnis sei deshalb ein Bußgeldverfahren wegen Mindestlohnunterschreitung neben dem Strafverfahren möglich.

 

Demnach kann, selbst wenn das Vorenthalten von Arbeitsentgelt bereits bestraft wurde, die Mindestlohnunterschreitung zusätzlich mit einem -zumeist empfindlich hohen- Bußgeld geahndet werden.

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