Die ärztliche Apparategemeinschaft und der Abrechnungsbetrug

Der Vorwurf des Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit der Erbringung sogenannter Speziallaborleistungen in Apparategemeinschaften ist weiterhin Gegenstand von Auseinandersetzungen vor Gerichten und in der rechtswissenschaftlichen Literatur.

 

Erst jüngst entschieden sowohl das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 20.01.2017 - III-1 Ws 482/15, hier zitiert nach ZWH 7-8/2017, 207ff.) als auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 10.05.2017 - 2 StR 438/16, hier zitiert nach bundesgerichtshof.de) über Fälle mit derartigen Sachverhalten.

 

In beiden Fällen war der Angeklagte bzw. Angeschuldigte Mitglied in einer sogenannten Apparategemeinschaft. Diese stellen Praxisgemeinschaften dar, in denen einzelne, jeweils eigenständige Arztpraxen durch die gemeinsame Nutzung von Räumen, Personal und Inventar hinsichtlich ihrer Infrastruktur -teilweise- zusammengefasst werden (BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 6 KA 76/04 R –, BSGE 96, 99-110, SozR 4-5520 § 33 Nr 6, hier zitiert nach juris, dort Rn. 14). Gründe für die Einrichtungen derartiger Gemeinschaften liegen insbesondere bei Laborgemeinschaften darin, dass die umfangreiche und kostenintensive Ausstattung durch mehrere Nutzer erworben wird. Des Weiteren muss der jeweilige Arzt die Laboruntersuchungen nicht selbst -vollständig- selbst vornehmen.

 

Ebenfalls in beiden Fällen hatten die Betroffenen Laborleistungen der Kategorie M III selbst abgerechnet, die jeweils in den Räumen der Apparategemeinschaft erbracht wurden. Demgegenüber wurden dem jeweiligen Arzt von der Apparategemeinschaft nur die tatsächlich angefallenen Kosten in Rechnung gestellt (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 4; BGH, aaO, Rn. 2).

 

Die jeweils mit den Ermittlungsverfahren befassten Staatsanwaltschaften sahen hierin einen Abrechnungsbetrug. Die jeweiligen Laborleistungen seien entgegen der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ weder durch den Arzt selbst noch unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erfolgt. 

 

Dem folgte das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht, der Bundesgerichtshof positionierte sich zu der Frage nicht.

 

Wie auch das Oberlandesgericht zutreffend feststellt, ist die Frage ob Leistungen des sogenannten "Speziallabors", M III des Gebührenverzeichnisses der GOÄ als eigene Leistungen abrechenbar sind, wenn diese von einer Laborgemeinschaft erbracht wurden, in der der Abrechnende Mitglied ist, umstritten (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 12).

 

Ausgeschlossen sei dies nach einer Meinung z.B., wenn der Arzt aufgrund einer fehlenden Ausbildung selbst gar nicht in der Lage wäre die Leistungen fachgerecht auszuführen ("Fachkundeerfordernis"). Allerdings wird dem zu Recht entgegen gehalten, dass es für die Abrechenbarkeit ärztlicher Leistungen, welche auf Bundesebene festgelegt wird, auf die landesrechtlich geregelte Weiterbildung nicht ankommen kann.

 

In der Folge ist nach dem Oberlandesgericht nicht erforderlich, dass der Abrechnende Fachkunde im Bereich der Laboratoriumsmedizin hat.

 

Weiter sei die Abrechnung als eigene Leistung ausgeschlossen, wenn sich die Leistungen auf das bloße Versenden der Probe an das Labor und die Entgegennahme des Befundes erstrecken. Insoweit bestehe Einigkeit (Oberlandesgericht Düsseldorf, aaO, Rn. 15 mit weiteren Nachweisen).

 

In der Folge setzt sich das Oberlandesgericht einzelnen Aspekten der Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ auseinander, deren wiederholte Darstellung unterbleibt.

 

Schlussendlich kommt das Oberlandesgericht zu dem Schluss, dass eine Strafbarkeit nur dann gegeben sei, wenn der Arzt, der die Laborleistungen lediglich "einkauft", diese als eigene Leistungen abrechnet (Oberlandesgericht Düsseldorf, aaO, Rn. 28). Mitwirkungshandlungen des Arztes die über den bloßen Bezug hinausgehen stellen eine vertretbare Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ dar und vermögen so keine Täuschungshandlung zu begründen.

Zusammenfassung

Im Ergebnis kommt es für die Frage, ob ein Abrechnungsbetrug vorliegt, darauf an, ob die Abrechnung falsch ist, da der Abrechnende nach der Rechtsprechung (z.B. OLG Rostock, Beschluss vom 19. Dezember 2013 – Ws 320/13 –, zitiert nach juris, dort Rn. 20) mit der Vorlage der Abrechnung gleichzeitig behauptet, dass die Leistung wie vereinbart erbracht wurde und abrechnungsfähig ist. Darin liegt eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB.

 

Falsch ist die Abrechnung, dann wenn es an der Abrechenbarkeit fehlt. An der Abrechenbarkeit fehlt es dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der GOÄ nicht vorliegen. Da aber die Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen nicht sicher zu beantworten ist, kommt es immer wieder zu Ermittlungsverfahren und auch zu Anklage, die mitunter existenzvernichtende Wirkung haben, wenngleich bereits der Zweifelssatz in diesem Fall eine Strafbarkeit ausschließt soweit die Abrechnung nicht als rechtlich unvertretbar anzusehen ist.

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