Schaut man sich auf den Parkplätzen lokaler Einkaufszentren aber auch anderswo um, beschleicht einen das Gefühl, die sogenannte Verkehrsunfallflucht, also das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB sei ein Volkssport.
Was gemeinhin unbekannt ist, ist der Umstand, dass es sich auch bei dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort um eine Katalogstraftat des § 69 StGB handelt und somit -neben einem nunmehr immer möglichen Fahrverbot (§ 44 Abs. 1 Satz1 StGB)- auch festgestellt werden kann, dass der Verurteilte ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist und somit die Fahrerlaubnis entzogen werden kann. Anders als beispielsweise die Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB oder die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB reicht die bloße Begehung des Delikts nicht aus um eine fehlende Eignung vom vorbenannten Sinn festzustellen.
Der bedeutende scHADEN
Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist notwendig, dass bei dem Unfall von dem sich unerlaubt entfernt wurde, auch ein bedeutender Schaden entstanden ist.
Das Vorliegen eines solchen bedeutenden Schadens wird zutreffend nach objektiven Gesichtspunkten bestimmt (siehe nur: OLG Hamm 6.11.2014– 5 RVs98/14, BeckRS 2015, 921). Demzufolge wird für die Bemessung des Schadens auf den gesamten Widerherstellungsaufwand des Geschädigten und nicht nur auf den bloßen Sachschaden abgestellt (Vgl. OLG Stuttgart 6.12.1981 – 1 Ss 892/81, VRS 62, 123 (124); OLG Celle 18.2.1983 – 1 Ss 54/83, VRS 64, 366 f.; LK-StGB/Geppert Rn. 84; MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, StGB, § 69, Rn. 70, beck-online). Es lässt sich hören, wenn dies mit der zivilrechtlichen Erstattungsfähigkeit in Verbindung gebracht wird (so z.B. OLG Hamm, aaO).
Neben den Reparaturkosten gehören nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung auch Abschlepp- und Bergungskosten sowie ein etwaiger merkantiler Minderwert zu den zu berücksichtigenden Schadenspositionen (MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, aaO; BGH 28.9.2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215 (216); OLG Stuttgart 6.12.1981 – 1 Ss 892/81, VRS 62, 123 (124); OLG Celle 18.2.1983 – 1 Ss 54/83, VRS 64, 366; OLG Naumburg 20.12.1995 – 2 Ss 366/95, NZV 1996, 204; LK-StGB/Geppert, Rn. 84).
Gutachter- und Anwaltskosten, die bei der Ermittlung und Regulierung des Schadens entstehen, sowie Nutzungsausfall und Mietwagenkosten gehören nach Teilen der Rechtsprechung nicht zum Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, da deren Höhe zum Unfallzeitpunkt kaum abschätzbar sei (OLG Hamburg 7.12.1988 – (33) Qs 1018/88, VRS 76, 282 (284); LG Hamburg 8.12.1993 – 603 Qs 843/93, NStZ 1995, 91; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 69, Rn. 37; Fischer, StGB, § 69 Rn. 28).
Im Übrigen soll nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH 28.6.1956 – 4 StR 175/56, BGHSt 9, 267 = NJW 1956, 1325) und Stimmen in der Rechtswissenschaft (LK-StGB/Geppert, aaO, Rn. 85) auch ausreichen, dass es zu einem bedeutenden Schaden am eigenen Fahrzeug -ohne Fremdschäden- gekommen ist.
Die Wertgrenze der Rechtsprechung
Abschließend stellt sich die Frage, wann ein Schaden nach den vorstehenden Parametern als bedeutend anzusehen ist.
Es wird nachvollziehbar vertreten, dass sich die Bemessung der Wertgrenze an den sozialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten orientieren muss und somit insbesondere die Einkommensentwicklung zu berücksichtigen ist.
Derzeit wird die Wertgrenze bei 1.200 bis 1.300 € angesetzt (Vgl. LG Düsseldorf 4.11.2002 – X Qs 144/02 Js 4763/02, NZV 2003, 103 (mindestens 1300 Euro); LG Zweibrücken 8.11.2002 – Qs 133/02, ZfS 2003, 208 (mindestens 1250 Euro); LG Kaiserslautern 9.1.2003 – 5 Qs 1/03, DAR 2003, 185 (Fremdschaden von 1194 Euro nicht ausreichend); OLG Hamm 6.11.2014 – 5 RVs 98/14, BeckRS 2015, 921) wobei neueste Entscheidungen zeigen, dass tendenziell eine Entwicklung der Wertgrenze in Richtung eines Schadens in Höhe von 1.500 € stattfindet (so z.B. LG Offenburg, Beschl. v. 19.06.2017 – 3 Qs 31/17).
Kommentar schreiben