Dass Ermittlungsergebnisse und andere Informationen aus -nichtöffentlichen- Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gelangen, ist leider nicht so selten wie man annehmen könnte. Ob der Justizvollzugsbeamte, der den Haftbefehl in einem Ermittlungsverfahren rund um ein mutmaßliches Tötungsdelikt in Chemnitz abfotografierte (hier einer der zahlreichen Berichte dazu) und veröffentlichte oder die Bild am Sonntag, die über ein mutmaßlich gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, Martin Winterkorn geführtes Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung berichtete, die Konstellationen sind sehr unterschiedlich.
Neben schadensersatz- und/oder presserechtlichen Risiken ist die Weitergabe von derartigen nichtöffentlichen Informationen auch strafrechtlich problematisch, erfüllt sie doch unter Umständen gleich mehrere Straftatbestände.
Der Verrat von Dienstgeheimnissen, § 353b StGB
Zunächst besteht für Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete und Personen, die Aufgaben nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen das Risiko sich wegen der Verletzung des Diensgeheimnisses strafbar zu machen.
Wie weit dabei der betroffene Personenkreis sein kann, ist hier zu lesen. Keinesfalls sind von der Regelung nur "echte" Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst betroffen.
Strafbar ist das unbefugte Offenbaren. Offenbaren ist das öffentliche Bekanntmachen oder die Mitteilung an einen Unbefugten (Fischer, StGB, 65, Auflage, § 353b, Rn. 15).
Es muss ein Geheimnis offenbart werden. Dieser Begriff wird zurecht eher weit ausgelegt, so dass z.B. auch dienstliche Beurteilungen von Beamten (BGH, Urteil vom 30. Januar 1957 – 2 StE 18/56 –, BGHSt 10, 108-109) oder eben der Haftbefehlserlass und auch der Haftbefehl darunter fallen (Fischer, aaO, Rn. 12; BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 – 5 StR 268/99 –, juris).
Weiterhin muss durch die Offenbarung die konkrete Gefahr eines Nachteils für öffentliche Interessen bestehen. Ausreichend soll hierfür sein, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erschüttert wird (Fischer, aaO, Rn. 23 mit weiteren Nachweisen).
Demgegenüber reicht für die Annahme einer solchen Gefahr nicht aus, dass Missstände oder Versäumnisse innerhalb von Justiz oder Verwaltung offenbar werden (Fischer, aaO, Rn. 24 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 09. Dezember 2002 – 5 StR 276/02 –, BGHSt 48, 126-134).
Bei der Veröffentlichung des Haftbefehls aus dem Ermittlungsverfahren wegen der Vorfälle in Chemnitz dürfte sich der Justizvollzugsbeamte hierauf nicht berufen können, da er zum einen keinen Missstand oder ein Versäumnis aufgedeckt hat und zum anderen die Persönlichkeitsrechte eines Verdächtigen deutlich schwerer zu gewichten werden sein dürften.
Aus diesem Grund ist der Beamte auch nicht als Whistleblower zu bezeichnen, da er keinen Missstand oder gar ein kriminelles Verhalten aufgedeckt hat. Zu keiner Zeit wurde in den Medien oder durch die zuständigen Justizbehörden ein unwahrer Sachverhalt mitgeteilt.
weitere Strafbarkeitsrisiken
Neben der strafbaren Verletzung des Dienstgeheimnisses kommen bei Weitergabe von vertraulichen Informationen auch weitere Straftaten in Betracht. So kann die Veröffentlichung von Anklageschriften, Haftbefehlen oder auch von Zeugenaussagen als verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen nach § 353d Nr. 3 StGB geahndet werden.
Außerdem kommt bei Berufsgeheimnisträgern wie z.B. Rechtsanwälten, Steuerberatern und Ärzten auch ein Verstoß gegen die berufliche Verschwiegenheitspflicht in Betracht, wenn Informationen aus dem Behandlungs- oder Mandatsverhältnis unbefugt weitergegeben werden.
Letztlich kann sich jedermann strafbar machen, wenn er gemäß § 201 StGB das nichtöffentlich gesprochene Wort auf Tonträger aufnimmt oder eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht. Für Amtsträger oder im öffentlichen Dienst Beschäftigte gilt dabei sogar ein erhöhter Strafrahmen.
Das Anfertigen von Nacktaufnahmen Minderjähriger, die nicht unter den Begriff Kinder- oder Jugendpornographie fallen sowie Aufnahmen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzen fallen darüber hinaus unter Umständen unter § 201a StGB wobei bei allen Tatbeständen umfangreiche Ausnahmeregelungen bestehen.
Fazit
Wer unbefugt Geheimnisse die ihm anvertraut wurden, veröffentlicht, ist kein Held und kein Märtyrer. Unter Umständen ist er gerechtfertigt, wenn ein absolut übergeordnetes Interesse besteht. In Fällen, in denen persönliche Daten Dritter veröffentlicht werden, dürfte dies nur sehr selten der Fall.
In der Folge ist es durchaus nachvollziehbar ein solches Verhalten unter Strafe zu stellen. Dies muss erst recht für Personen mit besonderen Befugnissen und Zugang zu sensiblen Daten gelten, denn wie heißt es bereits in einem der erfolgreichen "Star Wars" Filme:
Aus großer Kraft erwächst große Verantwortung!
Kommentar schreiben