Das -neue- Recht der Vermögensabschöpfung beschäftigt die Justiz wie die Strafverteidiger gleichermaßen in unverändert großem Umfang.
In der im Folgenden kurz vorzustellenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 26.04.2019 - 1 StR 471/18, hier zitiert nach bundesgerichtshof.de) geht es -am Rande- um die Frage, ob und ggf. wie die Anordung der Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) angekündigt werden muss.
In dem zu entscheidenden Fall erging in 1. Instanz vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts neben dem Strafausspruch gegen die Angeklagten auch eine Einziehungsanordnung.
Mit ihrer Revision rügte eine der Anklagten u.a., dass diese Einziehungsentscheidung nicht hätte ergehen dürfen, da weder in der Anklage noch im Eröffnungsbeschluss auf die Möglichkeit der Einziehung hingewiesen wurde und auch im Rahmen der Hauptverhandlung kein entsprechender rechtlicher Hinweis ergangen sei.
Diese Rüge war vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich.
Der 1. Strafsenat führte zur Begründung wie folgt aus:
"Der Antrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft im Schlussplädoyer genügt nicht; denn der Hinweis ist aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 265 Abs. 1 StPO durch die neu eingefügte Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO förmlich zu erteilen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 1 StR 186/18 Rn. 1 6 – 19).
bb) Das Beruhen der Einziehungsentscheidung auf diesem Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO) ist nicht
auszuschließen, wenngleich die Angeklagte P. umfassend geständig gewesen ist und ihr Verteidiger
im Schlussplädoyer das Absehen von der Einziehung beantragt hat. Denn die Vorschriften der § 73
Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB enthalten neben der Begehung der rechtswidrigen Tat weitere Voraussetzungen für die Abschöpfung (vgl. BGH, aaO Rn. 20)."
Aus diesen Ausführungen lässt sich -zusammengefasst- das Folgende entnehmen:
Weder der Umstand, dass der Angeklagten bzw. ihrem Verteidiger die Möglichkeit der Anordnung der Einziehung bekannt war noch der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag die Anordnung der Einziehung beantragt hat, kann den Fehler der des fehlenden -förmlichen- Hinweises auf die Möglichkeit der Einziehung heilen.
Hintergrund dieser -nach hiesigen Ansicht- richtigen Entscheidung ist die zutreffende Gewichtung des Rechts des Angeklagten zunächst über die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften informiert zu werden. Dies geschieht gemäß § 200 StPO mit dem Anklagesatz. Aus § 265 StPO ergibt sich, dass bei Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunkt oder der Sachlage ein entsprechender Hinweis während laufender Hauptverhandlung zu erteilen ist und die genügende Vorbereitung der Verteidigung diesbezüglich gewährleistet sein muss.
Dies gilt gemäß § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auch für die Verhängung einer Nebenfolge, zu der auch die Anordnung der Einziehung gehört.
Dementsprechend muss -auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes- der Angeklagte bereits mit der Anklageschrift auf die Möglichkeit der Anordnung der Einziehung hingewiesen werden. In der Praxis geschieht dies regelmäßig durch die Ankündigung eines entsprechenden Antrags in der Anklageschrift.
Fehlt es an einer solchen Ankündigung und wird auch die Möglichkeit der Einziehung nicht im Eröffnungsbeschluss, also in dem Beschluss mit dem die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird, nicht erwähnt, muss ein rechtlicher Hinweis im Rahmen der Hauptverhandlung ergehen.
Dies birgt regelmäßig ein prozessuales Risiko für das Gericht, da, bestreitet der Angeklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Einziehung und wendet er ein nicht genügend auf die Verteidigung unter diesem neuen Gesichtspunkt vorbereitet zu sein, das Hauptverfahren auszusetzen ist. Das bedeutet u.a., dass dann auch die gesamte bislang durchgeführte Beweisaufnahme wiederholt werden müsste. Dies kann mit ganz erheblichen Verzögerungen einhergehen, was dementsprechend auch für Verteidigungsansätze im Hinblick auf eine für den Angeklagten günstige Verständigung im Strafverfahren genutzt werden kann.
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