Mit dem 22.04.2017 wurde das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, welches zum 01.07.2017 in Kraft trat, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I, S. 872ff.)
Obwohl seitdem mehr als drei Jahre vergangen sind, sind viele der durch die Änderungen aufgeworfenen Rechtsfragen noch immer nicht geklärt und es besteht, zum Teil leidenschaftlich geführter, Streit über die Auslegung und die Anwendbarkeit der verschiedenen materiellen und prozessualen Normen.
Der Vermögensarrest nach § 111e StPO
Um die Vollstreckung einer, später im Urteil oder Strafbefehl erwarteten (Anmerkung: ein einfacher Verdacht ist hierzu ausreichend) Anordnung der Einziehung des Taterlangten oder des Wertes des Taterlangten gemäß §§ 73ff. StGB bereits im Ermittlungsverfahren zu sichern, kann der Vermögensarrest gemäß § 111e Abs. 1 StPO angeordnet werden.
So lautet § 111e Abs. 1 Satz 1 StPO:
"Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden."
Verfahrensrechtlich bestehen die gleichen Voraussetzungen wie bei der Durchsuchung, wie die Verweisung in § 111e Abs. 5 StPO verdeutlicht. Demnach besteht auch für die Anordnung des Vermögensarrests der Richtervorbehalt. Dies bedeutet, dass -außer bei Gefahr in Verzug- die Anordnung eines Vermögensarrests nur durch den Richter angeordnet werden darf. Gleichzeitig ist damit auch ersichtlich, dass zur Suche nach arrestierbaren Vermögensgegenständen auch die Durchsuchung der Räume des Beschuldigten möglich ist.
Sicherungsbedürfnis - ja oder nein?
Eines vorweg: Die Frage, ob überhaupt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses für die Anordnung des Vermögensarrests notwendig ist, ist im Kern nicht umstritten. Umstritten ist jedoch, wie dieses ausgestaltet sein muss.
Das Landgericht Hamburg (Beschluss vom 02. Mai 2019 – 618 Qs 9/19 –, juris; Beschluss vom 16.05.2018 - 618 Qs 14/18 -, juris, ähnlich auch: Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 1 Ws 163/17 -, bei juris Rn. 16) geht davon aus, "dass anders als bei der bisherigen Regelung des § 111d a.F. die Voraussetzungen des § 917 ZPO nicht mehr vorliegen müssen, sondern nunmehr eine bloß finale Verknüpfung des Vermögensarrests zur Sicherung der Vollstreckung ausreicht."
Begründet wird dies damit, dass dadurch das die Verweisung auf § 917 ZPO, der als Voraussetzung der Anordnung des dinglichen Arrests postuliert, "dass zu besorgen ist, dass ohne
dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde", im Zuge der Gesetzesreform weggefallen ist.
Demgegenüber meint das Oberlandesgericht Schleswig (Beschluss vom 25. Oktober 2018 – 2 Ws 271/18 (85/18) –, juris), dass auch nach der aktuellen Gesetzeslage erforderlich ist, "dass über den Verdacht der Begehung einer Straftat hinaus im Einzelfall hinausgehende konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass Vereitelungsmaßnahmen zur Erhaltung der Vorteile aus einer Tat zu befürchten sind" (aaO, Rn. 10ff.).
Begründet wird dies -zutreffend- mit dem Willen des Gesetzgebers. So ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/9525, S. 76 unten), dass eine sachliche Änderung nicht
beabsichtigt war. So führt die Gesetzesbegründung an zitierter Stelle dazu aus:
"Das Erfordernis eines Sicherungsgrundes als Ausprägung des Übermaßverbotes (Satzger/Schluckebier/Widmaier-Burghart, StPO, 2. Auflage 2016, § 111d, Rn. 8) ergibt sich künftig unmittelbar aus der Strafprozessordnung, weil der Vermögensarrest nur „zur Sicherung der Vollstreckung“ einer Wertersatzeinziehung angeordnet werden darf. Verfügt der Betroffene etwa über ausreichendes Vermögen, gibt es keinen Grund, die Vollstreckung der gerichtlichen Wertersatzeinziehung zu sichern. Die Anordnung des Vermögensarrestes wäre damit rechtswidrig. Inbesondere in Wirtschaftsstrafsachen wird das Sicherungsbedürfnis einer Anordnung des Vermögensarrestes gegen drittbegünstigte Unternehmen besonders sorgfältig zu prüfen sein. Die Neufassung kann deshalb auf die bisher geregelte sinngemäße Anwendung des § 917 ZPO (Arrestgrund) verzichten. Die Anforderungen an den Sicherungsgrund werden damit nicht abgesenkt." (Hervorhebungen durch den Autor)
In der Folge vermag die, vom Landgericht Hamburg vertretene Ansicht nicht zu überzeugen. Einerseits wiederspricht sie dem -ausnahmsweise- deutlich geäußerten Willen des Gesetzgebers und andererseits verkennt sie, dass die Tatentdeckung für den Täter regelmäßig eine Zäsur darstellt (so auch: OLG Schleswig, aaO, Rn. 10). In jedem Fall wäre, auch bei konsequenter Anwendung der vom Landgericht Hamburg vertretenen Ansicht, eine Gesamtabwägung auch unter Berücksichtigung von Sicherungs- und Eigentumsinteresse vorzunehmen (so auch: Bürger, Anmerkung zu einer Entscheidung des LG Hamburg, Beschluss vom 02.05.2019 (618 Qs 9/19) - Zu den Voraussetzungen einer Vermögensarrestanordnung nach § 111e Abs. 1 StPO in: NZWiSt 2020, 80-82).
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