Dass neben oder statt der Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe in einem strafgerichtlichen Urteil auch Nebenfolgen wie die Entziehung der Fahrerlaubnis, ein Fahrverbot oder die Einziehung von Vermögenswerten ausgesprochen werden kann, ist zumeist bekannt.
Dass in Folge der Verurteilung unter Umständen sehr schwerwiegende Einschnitte hinzunehmen sind, wird leider oft übersehen.
Gemeint sind Folgen, die sich nicht direkt aus dem strafgerichtlichen Urteil ergeben, sondern ggf. einen völlig anderen, vemeintlich unabhängigen Lebensbereich betreffen. Im Wesentlichen geht es dabei um den Verlust bestimmter, an die Zuverlässigkeit geknüpfter Rechte. Aufgrund der Vielzahl von denkbaren Konstellationen kann eine auch nur ansatzweise vollständige Darstellung nicht innerhalb eines Beitrags erfolgen weshalb sich im Folgenden auf einige besonders häufige Konstellationen beschränkt wird.
1. Die Gewerbeuntersagung und der Widerruf der Gewerbeerlaubnis
Erfolgt eine strafrechtliche Verurteilung während die Verurteilte ein Gewerbe betreibt, droht je nach Art des Gewerbes entweder die Gewerbeuntersagung (§ 35 GewO) oder die Rücknahme bzw. der Widerruf der Gewerbeerlaubnis.* Widerruf und Rücknahme richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 48, 49 VwVfG (ggf. des jeweiligen Bundeslands) bzw. nach speziellen Vorschriften in den jeweiligen Gesetzen (z.B. § 15 GastG, § 25 PBefG).
Zu beachten ist, dass eine Gewerbeuntersagung im Sinne des § 35 GewO Gewerbe betrifft, die nicht erlaubnispflichtig, sondern nur anzeigepflichtig im Sinne des § 14 GewO sind. Es kann also jedes Gewerbe treffen.
Die Gewerbeuntersagung richtet sich nach § 35 GewO. Hier ist der zentrale Begriff der der (Un-)Zuverlässigkeit. Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (BVerwG, Urteil v. 2.2.1982 – 1 C 5278, BeckRS 1982, 31262559). Entscheidend dabei ist das Gesamtbild der Persönlichkeit des Gewerbetreibenden, seine Eigenschaften und Fähigkeiten (OVG Bremen, Urteil v. 16. 7.1985 - 1 BA 21/85, zitiert nach beck-online). Das Maß der Anforderungen, die an die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu stellen sind, richtet sich nach der Eigenart des Gewerbes (OVG Münster, Beschluss v. 26.1.2016 – 4 A 454/15, zitiert nach NVwZ-RR 2016, 336). Ebenso wie bei der Versagung einer -speziellen- Gewerbeerlaubnis kann auch bei der Untersagung die Verurteilung wegen einer Straftat die Annahme rechtfertigen, die Betroffene sei nicht -mehr- zuverlässig im Sinne des Gesetzes.
Neben den bereits in den Regelungen zur Erlaubniserteilung zitierten Straftaten wurde eine Unzuverlässigkeit von der Rechtsprechung -im Einzelfall- beispielsweise bei der Verurteilung wegen der folgenden Straftaten angenommen:
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Vorenthalten von Arbeitsentgelt, § 266a StGB (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. März 2017 – 22 ZB 17.244 –, zitiert nach juris)
- Missbräuchliches Herstellen, Vertreibens oder Ausgebens von Kennzeichen, § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 06. April 2016 – 22 ZB 16.366 –, zitiert nach juris)
- (Dulden von) Betäubungsmittelstraftaten in einer Diskothek (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. Juni 2015 – 7 ME 32/15 –, zitiert nach juris)
- Steuerhinterziehung, § 370 AO (VG München, Urteil vom 20. Juli 2012 – M 16 K 11.4521 –, zitiert nach juris)
Darauf hinzuweisen ist, dass nicht jede Verurteilung für sich genommen die Annahme der Unzuverlässigkeit begründet. Demnach ist immer auch zu prüfen, ob die Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil die Annahme der Unzuverlässigkeit im obig dargestellten Sinne begründen können. Üblicherweise ist dafür ein Zusammenhang der abgeurteilten Tat mit der gewerblichen Tätigkeit notwendig.
*EXKURS: anzeige- und erlaubnispflichtige Gewerbe
Nach § 14 GewO besteht eine allgemeine Anzeigepflicht. Diese beinhaltet die bloße Mitteilung der Aufnahme eines stehenden Gewerbes. In einigen Bereichen, wie z.B. bei dem Betrieb von Spielhallen, eine Pfandleihe oder auch im Bewachungsgewerbe, bedarf es darüber hinaus eine Gewerbeerlaubnis. In diesen Fällen findet dann -jedenfalls zunächst- das Verfahren zum Widerruf der Gewerbeerlaubnis und nicht das Gewerbeuntersagungsverfahren statt.
In der Gewerbeordnung ist beispielsweise für den Betrieb der folgenden Gewerbe eine Erlaubnis zwingend erforderlich:
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Aufstellen von Spielautomaten (§ 33c GewO)
- Schaustellungen von Personen (§ 33a GewO)
- Betrieb von Spielhallen (§ 33i GewO)
- Pfandleihgewerbe (§ 34 GewO)
- Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO)
- Versteigerergewerbe (§ 34b GewO)
- Makler, Bauträger, Baubetreuer (§ 34c GewO)
- Versicherungsvermittler (§ 34d GewO)
- Versicherungsberater (§ 34e GewO)
- Finanzanlagenvermittler (§ 34f GewO)
- Honorar-Finanzanlagenberater (§ 34h GewO)
- Immobiliardarlehensvermittler (§ 34i GewO)
Des Weiteren finden sich beispielsweise § 2 des Gaststättengesetzes (GastG) oder in § 2 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) weitere genehmigungspflichtige Tätigkeiten. Diese Regelungen enthalten spezielle Voraussetzungen für die Annahme einer Unzuverlässigkeit wie z.B. für Versicherungsvermittlerinnen: "...die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist" (§ 34d Abs. 2 Nr. 1 GewO).
2. Die Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse und des Jagdscheins
Ebenfalls an den Begriff der (Un-)zuverlässigkeit geknüpft sind die Erlaubnisse nach dem Waffengesetz und dem Bundesjagdgesetz (vgl. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Waffengesetz, §§ 17, 18 BJagdG).
Anders als bei der Gewerbeuntersagung stellen die Regelungen aus dem Waffen- und Jagdrecht ganz konkrete Vorgaben für die Annahme einer (Un-)zuverlässigkeit auf.
So stellt § 5 Abs. 1 WaffG, der wegen § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG auch im Jagdrecht Anwendung findet, die Unzuverlässigkeit u.a. dann unwiderlegbar fest, wenn die Betroffene in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung (ab Datum der Rechtskraft der Verurteilung) wegen eines Verbrechens oder wegen einer anderen vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde.
In der Regel als unzuverlässig anzusehen, ist gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG, wer in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung wegen einer vorsätzlichen Straftat, wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat oder wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Das bedeutet, dass in diesen Fällen eine Unzuverlässigkeit vermutet wird, in bestimmten Fällen aber ausnahmsweise keine Unzuverlässigkeit angenommen werden kann.
Eine sehr ähnliche Regelung findet sich auch in § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG.
Unter den dargestellten Voraussetzungen können nicht nur Anträge auf Erteilung entsprechender Erlaubnisse abgelehnt, sondern auch bestehende Erlaubnisse zurückgenommen oder widerrufen werden (vgl. bspw. § 45 WaffG).
3. Die Entfernung aus dem Dienst und die Entziehung der Approbation am Beispiel des Arztes
Zunächst muss sich der betroffene Arzt im Klaren darüber sein, dass nach Nr. 26 der "Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen" (MiStra) die Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht den Erlass und den Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls, die Entscheidung, durch die ein vorläufiges Berufsverbot angeordnet oder ein solches aufgehoben worden ist, die Erhebung der öffentlichen Klage und den Ausgang des Verfahrens der zuständigen Behörde und der zuständigen Ärztekammer mitteilt, "wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufes zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen."
Kommt es zu einer Mitteilung an die Ärztekammer, wird diese zunächst ein Untersuchungsverfahren einleiten. Dieses wird -beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern- durch den Kammeranwalt (§ 72 HeilBerG M-V) geführt. Ähnlich einem Staatsanwalt ermittelt dieser den Sachverhalt. Allerdings wird im Zusammenhang mit einem Strafverfahren zunächst der Ausgang dieses abgewartet werden (§ 63 Abs. 1 HeilBerG M-V). In dieser Zeit wird das berufsrechtliche Verfahren nicht betrieben, es wird ausgesetzt. Wie auch in anderen Bundesländern, ist das Berufsgericht in Mecklenburg- Vorpommern mit einem Berufsrichter (Richter am Verwaltungsgericht, §§ 67 Abs. 1 und Abs. 4, 65 Abs. 2 HeilBerG M-V) und zwei Ärzten als ehrenamtliche Richter besetzt. In der zweiten Instanz nennt sich das Berufsgericht Landesberufsgericht oder Berufsgerichtshof und ist mit zwei (in Mecklenburg-Vorpommern) oder drei Berufsrichtern (z.B. in Berlin) und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.
Das Verfahren bestimmt sich nach den jeweils einschlägigen Landesgesetzen (z.B. in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Heilberufsgesetz M-V). Zumeist wird auf eine allgemeine Verfahrensordnung verwiesen. So richtet sich das Verfahren in Berlin nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in Mecklenburg-Vorpommern nach der Strafprozessordnung (StPO).
Anders als ein Strafverfahren ist das berufsrechtliche Verfahren ausschließlich darauf ausgerichtet festzustellen, ob eine schuldhafte Verletzung von Berufspflichten vorliegt (so auch Röth in: Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, Teil H, Rn. 52). Ist -wie bereits ausgeführt- auch ein Strafverfahren anhängig, wird in der Regel dessen Ausgang abgewartet. Betrifft das Strafverfahren denselben Lebenssachverhalt, werden auch im berufsrechtlichen Verfahren die Feststellungen des Strafgerichts zur Tat zu Grunde gelegt. Sind diese lückenhaft oder/und erkennbar oberflächlich, kann das Berufsgericht die Überprüfung des festgestellten Sachverhalts beschließen. Im Zusammenhang mit Strafverfahren ist für das berufsrechtliche Verfahren außerdem darauf hinzuweisen, dass es zur Durchführung eines Solchen nach Abschluss eines Strafverfahrens eines berufsrechtlichen Überhanges bedarf. An einem solchen berufsrechtlichen Überhang fehlt es, wenn der Berufsrechtsverstoß durch die Sanktion aus dem Strafverfahren bereits hinreichend kompensiert ist. Dies kann selbst bei einer Einstellung nach § 153a StPO der Fall sein (Landesberufsgericht für Heilberufe Münster, Beschluss vom 20. April 2016 – 6t E 928/14.T –, zitiert nach juris, dort Rn. 100).
Demgegenüber wird ein berufsrechtlicher Überhang anzunehmen sein, wenn bei der Einstellung des Strafverfahrens nicht berücksichtigt wurde, dass der Beschuldigte die Tat als Arzt begangen hat (Ärztliches Berufsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27. Mai 2015 – BG 14/14 –, zitiert nach juris).
Abschließend sei auch darauf hingewiesen, dass auch bei einem Freispruch im Strafverfahren die Durchführung eines berufsrechtlichen Verfahrens möglich ist.
Notwendig ist aber auch hier ein berufsrechtlicher Überhang. Wird eine Verletzung von Berufspflichten festgestellt, können als Sanktionen eine Verwarnung, ein Verweis oder eine Geldbuße (in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 50.000,00 € (§ 64 Abs. 1 Nr. 3 HeilBerG M-V) ausgesprochen werden. Eine Kombination von Sanktionen kann zulässig sein (so z.B. § 64 Abs. 2 HeilBerG M-V). Daneben sehen die Landesgesetze zum Teil vor, dass festgestellt werden kann, dass der Beschuldigte zeitweilig oder dauernd unwürdig ist, den Beruf auszuüben (so in Berlin, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern, § 64 Abs. 1 Nr. 4 HeilBerG M-V). Dies ist deshalb von so großer Bedeutung, da die §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO) für den Fall der Feststellung der Berufsunwürdigkeit zwingend den Widerruf der ärztlichen Approbation vorsehen.
Neben dem bereits beschriebenen berufsrechtlichen Verfahren kann ein Strafverfahren gegen einen Arzt auch zum (zeitweisen) Verlust der ärztlichen Approbation führen. Dies ist deshalb besonders dramatisch, da diese die Voraussetzung für Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit ist. Geregelt ist der Widerruf der Approbation in § 5 Abs. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO).
Dieser lautet wie folgt:
"Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 weggefallen ist."
Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz Nr. 2 und Nr. 3 BÄO, auf die im § 5 Abs. 2 BÄO verwiesen wird, lauten:
"Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller...
1. (weggefallen)
2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine
Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,
3. nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist,(...)"
Von Interesse ist sind dabei im Folgenden nur die Fälle des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn sich der Arzt eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. Demnach stellt sich die Frage, wann eine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit anzunehmen ist.
Unwürdig ist, wer nicht mehr das für seine Berufsausübung notwendige Vertrauen und Ansehen besitzt (BVerwG, NJW 1993, S. 806 zitiert nach Langen in: Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 2. Auflage, Kapitel 7, Rn. 951; Röth in: Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, H, Rn. 82)
Unzuverlässig ist der Arzt, wenn nicht die Gewähr für die ordnungsgemäße Ausübung der Heilkunde bietet (Röth, aaO, Rn. 84; Langen, aaO mit Verweis auf eine weitere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts). Hierbei muss -im Gegensatz zur Feststellung der Unwürdigkeit- eine auf Feststellungen aus der Vergangenheit basierende Prognoseentscheidung getroffen werden.
Im Zusammenhang mit einem Strafverfahren ist zu beobachten, dass sich eine Entscheidung der zuständigen Behörde (in Mecklenburg-Vorpommern z.B. das Landesamt für Gesundheit und Soziales - Landesprüfungsamt für Heilberufe) regelmäßig auf die Feststellungen und den Ausgang des jeweiligen Strafverfahrens stützt. Wie die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westphalen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Februar 2009 – 13 A 2907/08 –, zitiert nach juris, dort Rn. 13) zeigt, zeigt, stellen die für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Approbationswiderrufs zuständigen Verwaltungsgerichte regelmäßig darauf ab, dass die strafgerichtlichen Feststellungen ausreichend und zutreffend sind. Nur ausnahmsweise wird ein Verwaltungsgericht deshalb von den Feststellungen des Strafgerichts abweichen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn Wiederaufnahmegründe gem. § 359 StPO gegeben sind, die Feststellungen des Strafgerichts erkennbar auf einem Irrtum beruhen oder die Behörde oder die Verwaltungsgerichte ausnahmsweise in der Lage sind, eine für ihre Entscheidung erhebliche, aber strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären (VG Regensburg, Urteil vom 12. Juli 2016 – RO 5 K 15.1168 –, Rn. 49, zitiert nach juris, dort Rn. 49 mit weiteren Nachweisen). Allein deshalb gilt es, schon zu Beginn eines Strafverfahrens kompetente Hilfe zu suchen.
Verurteilungen, die zum Widerruf der ärztlichen Approbation führen (können) betreffen überwiegend -jedoch nicht ausschließlich (siehe hierzu nur: BVerwG, Beschluss vom 28. August 1995 – 3 B 7/95 –, zitiert nach juris, dort Rn. 10) - Delikte, die im Zusammenhang mit ärztlichen Berufsausübung begangen wurden. Aktuell stellt eine Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges einen der häufigsten Widerrufsgründe dar (so z.B. VG Regensburg, Urteil vom 12. Juli 2016 – RO 5 K 15.1168 –, zitiert nach juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 21 ZB 15.2776 –, zitiert nach juris; VG München, Urteil vom 20. Oktober 2015 – M 16 K 15.1873 –, zitiert nach juris). Daneben können Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder Taten im Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten oder Betäubungsmitteln (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. September 2015 – 8 LA 109/15 –, zitiert nach juris) den Widerruf der Approbation begründen wobei die Aufzählung keinesfalls abschließend ist.
Alternativ oder vorbereitend zum Widerruf der Approbation räumt der § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO die Möglichkeit ein, dass Ruhen der Approbation anzuordnen. Voraussetzung hierfür ist, dass "gegen den Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet ist" (Wortlaut § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO). Dies ermöglicht es der zuständigen Behörde, meist aus präventiven Gründen, bereits vor Abschluss des Strafverfahrens die Approbation und damit die ärztliche Berufsausübung anzugreifen. Von Seiten der Verteidigung ist jedoch immer zu überprüfen, ob dies notwendig ist. So führt Röth (aaO, Rn. 81) ein anschauliches Beispiel an, indem er die Notwendigkeit der Anordnung des Ruhens der Approbation im Falle der vollstreckten Untersuchungshaft verneint.
Das Verfahren zum Ruhen und zum Widerruf der Approbation richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sowie nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sowohl die Anordnung des Ruhens der Approbation als auch ihr Widerruf stellen Verwaltungsakte dar und können, so das Landesrecht dies weiterhin vorsieht, mit dem Widerspruch und der Klage vor dem Verwaltungsgericht angegriffen werden. Besondere Beachtung verdient außerdem der Umstand, dass die zuständige Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO auch die sofortige Vollziehung des Ruhens oder des Widerrufs anordnen kann. Dies führt dazu, dass weder Widerspruch noch Klage eine aufschiebende Wirkung haben. Der Wirkung des Widerrufs oder des Ruhens, namentlich die Untersagung ärztlicher Tätigkeit bleiben also trotz Widerspruch oder Klage bis zu einer entsprechenden Entscheidung bestehen.
4. Fazit
Die vorstehenden Beispiele stellen nur eine sehr kleine Auswahl möglicher außerstrafrechtlicher Nebenfolgen dar. So wird z.B. eine Zuverlässigkeitsprüfung gemäß § 7 Luftsicherheitsgesetz scheitern, wenn die Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Die Details zur Entfernung von Richtern und Beamten aus dem Dienst allein könnten eine Vielzahl von Beiträgen füllen. Damit sollte klar sein, dass alle Beteiligten am Strafverfahren die Verpflichtung trifft, mögliche Nebenfolgen in den Blick zu nehmen.
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