Der Bundesgerichtshof hat nunmehr einen Grenzwert für die Annahme einer nicht geringen Menge Levometamfetamin ((R)-(Methyl)(1-phenylpropan-2-yl)azan) bestimmt. Dieser liege bei 50 Gramm der wirkungsbestimmenden Base (BGH, Urteil vom 10.08.2023 - 3 StR 462/22, hier zitiert nach bundesgerichtshof.de, dort Rn. 6ff.).
Der Begriff der nicht geringen Menge entstammt den Regelungen der §§ 29a Abs. 1
Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 sowie 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Dort sind für Taten, bei denen mit eine nicht geringe Menge Betäubungsmittel umgegangen wird, teils erhebliche Strafverschärfungen vorgesehen. So erhöht sich sowohl bei dem Besitz als auch bei dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln die Strafandrohung von Geldstrafe auf mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Damit handelt es sich dann um ein Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB. Demnach ist die Frage, ob und unter welchen Bedingungen von einer nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels auszugehen ist, von essenzieller Bedeutung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bestimmt sich der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität (siehe nur BGH, Urteile vom 3. Dezember 2008 -2 StR 86/08, BGHSt 53, 89 und vom 17. November 2011 - 3 StR 315/10, BGHSt 57, 60). Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 -1 StR 612/87, BGHSt 35, 179). Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes zu bemessen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 -2 StR 86/08, BGHSt 53, 89). Lassen sich auch zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen (BGH, Urteile vom 24. April 2007 -1 StR 52/07, BGHSt 51, 318 und vom 17. November 2011 -3 StR 315/10, BGHSt 57, 60). Danach kann die nicht geringe Menge eines Betäubungsmittels wegen der in illegalen Betäubungsmitteln sehr unterschiedlichen Wirkstoffgehalte grundsätzlich nicht anders festgesetzt werden als durch ein Vielfaches des zum Erreichen eines stofftypischen Rauschzustandes erforderlichen jeweiligen Wirkstoffs (Konsumeinheit). Dabei müssen die Grenzwerte für die verschiedenen Betäubungsmittel gerade wegen ihrer qualitativ unterschiedlichen Wirkung aufeinander abgestimmt sein. Die Anzahl der, für die Bestimmung des Grenzwertes zugrunde zu legenden, bestimmt sich ebenfalls nach der Gefährlichkeit und Wirkung der jeweiligen Substanz (Bundesgerichtshof, Urteil des 2. Strafsenats vom 3.12.2008 - 2 StR 86/08, zitiert nach bundesgerichtshof.de).
Vorliegend zog der Senat zunächst einen Vergleich mit Metamfetamin, dem es sowohl chemisch als auch, in Form der sogenannten Chrystal Meth, optisch nahesteht. Bei Levometamfetamin handele es sich um eine Art "Abfallprodukt" bei der Herstellung von Metamfetamin, dass sowohl als Reinstoff als auch in Gemischen mit Metamfetamin auf dem illegalen Markt vorkomme (BGH, Urteil vom 10.08.2023 - 3 StR 462/22, aaO, Rn. 9). Auch hinsichtlich der Pharmakokinetik weisen beide Stoffe keine wesentlichen Unterscheide auf. Allerdings sei bei Levometamfetamin eine erheblich geringere psychoaktive Wirksamkeit festzustellen (BGH, aaO, Rn. 12). Nach den vom Senat zitierten Quellen könne von einer gegenüber Metamfetamin 10-fach geringeren psychoaktiven Wirksamkeit ausgegangen werden. Demgegenüber seien jedoch die peripher-somatischen autonomen Effekte (z.B. Auswirkung auf Blutdruck- und Herzfrequenz) mindestens gut vergleichbar.
Da gesicherte Erkenntnisse zu einer tödlichen Dosis oder zu Gewöhnung und Folgeschäden, wie sie sonst zu einer Berechnung der nicht geringen Menge herangezogen wird (siehe oben) fehlen, musste sich der Senat wiederum mit einem Vergleich zu Metamfetamin begnügen. Dabei geht der Bundesgerichtshof angesichts der 10-fach geringeren psychoaktiven Wirksamkeit Levoamfetamins davon aus, dass auch eine Verzehnfachung des Grenzwerts gegenüber dem für Metamfetamin-Base angezeigt ist. Da dieser bei 5 Gramm Metamfetamin-Base liegt (BGH, Urteil vom 3.12.2008 - 2 StR 86/08, aaO), wurde der Grenzwert für Levometamfetamin-Base auf 50 Gramm festgesetzt.
Die Entscheidung kommt keinesfalls zu früh, nehmen doch Funde von Levometamfetamin zu (z.B. In Naumburg kiloweise Drogen geliefert (mz.de)).
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